Meine Lust mach ich mir selbst
Franziska Barth
Viele der Menschen, die Franziska Barth fotografiert, sind nackt oder leicht bekleidet. Es geht um Details ihrer Körper und deren Ästhetik – in einem bewussten Gegenentwurf zu Hochglanz-Klischees von Erotik und Sinnlichkeit. Und es geht um viel mehr: um einen jeweils individuellen, selbstbestimmten Ausdruck von Lust und Leidenschaft, um kreative Aneignungsprozesse von Intimität, um Offenheit und Toleranz. „Beim Fotografieren schaffe ich gemeinsam mit den Menschen vor meiner Kamera offene Räume, in denen alles einen Platz haben darf“, sagt die Künstlerin. Ihre Kunst besteht im behutsamen Herstellen von Situationen. In Schwebezuständen blitzt eigentlich Unsichtbares auf, Unsagbares und Unergründliches. „Ich interessiere mich vor allem für die Momente vor und nach den Posen, für solche, in denen es gerade unwichtig ist, ob man den Bauch eingezogen hat oder nicht“, sagt Franziska Barth. Sie weiß: In der Selbstvergessenheit können sich andere Ausdrucksformen von Körperlichkeit entwickeln – verletzliche, ehrliche, im besten Sinne unperfekte. Sie weiß natürlich auch, dass all die inneren Bilder der Porträtierten, die sich in ihren Fotografien zeigen, nicht aus dem Nichts kommen. Sie speisen sich aus unterschiedlichsten Vorstellungswelten, aus Kunst- und Medienerleben. Gemeinsam reiben sich alle Beteiligten an Konventionen, Normen und Grenzen. Durch die Veröffentlichung ihrer Porträts in einer Ausstellung erweitert die Künstlerin die Räume der Auseinandersetzung ins Ungewisse: Wo können andere Menschen anknüpfen, sich in Bezug setzen, sich wundern? Welche Ideen von Körper, Intimität oder Identität bringen sie mit? Wie weit würden sie selbst gehen – und was müsste passieren, damit auch sie für einige Momente aufhören ihren Bauch einzuziehen?
Thomas Kaestle
31.1.2020 – 12.4.2020
Fotografie
Ort:
Stadtpalast | Solbrigplatz 1 | Reichenbach
Vernissage:
31.1.20 19:00 Uhr
Franziska Barth
Thüringen
* 1986